Freitag, 13. November 2015

|Rezension| "East" von Edith Pattou

East | Edith Pattou | HMH Books for Young Readers | Englisch | Paperback | ca. 8€ | Kaufen?
 
Rose has always been different.
 
Since the day she was born, it was clear she had a special fate. Her superstitious mother keeps the unusual circumstances of Rose's birth a secret, hoping to prevent her adventurous daughter from leaving home... but she can't suppress Rose's true nature forever.
So when an enormous white bear shows up one cold autumn evening and asks teenage Rose to come away with it-- in exchange for health and prosperity for her ailing family-- she readily agrees.
Rose travels on the bear's broad back to a distant and empty castle, where she is nightly joined by a mysterious stranger. In discovering his identity, she loses her heart-- and finds her purpose-- and realizes her journey has only just begun.

 Dieses Buch hat mich daran erinnert, dass ich unbedingt mal wieder Narnia sehen muss! Die Geschichte bedeutet für mich Winter und Weihnachten, und genau deswegen hat der Soundtrack auch so gut zu diesem Buch gepasst.



Manchmal, da wartet man Monatelang auf ein Buch, hat es seit Jahren auf der Wunschliste und wird durch jede Rezension und jeden Hype weiter gepusht, endlich dieses Buch zu lesen. Und manchmal, da findet man still und heimlich Bücher, die niemand so richtig kennt, die schon 10 Jahre und länger auf dem Buchmarkt herumirren, und die in sich etwas tragen, was viele gehypte Bücher immer noch suchen: Die Kraft, den Leser zu begeistern. Und manchmal braucht man einfach nur eine liebe Oma, die das Cover schön findet, und einem das Buch zum Geburtstag schenkt, um genau diese Bücher zu finden. In diesem Sinne beginne ich meine kleine Liebeserklärung an „East“.

East hatte ich gar nicht auf meinem Bücherschirm, meiner imaginären Leseliste, die gespickt ist von Hypes und Klassikern, Bücher, die jeder schon gelesen hat oder lesen will. Und Bücher, wie East fehlen auf diesen. Kleine, unbekannte Bücher, die aber genau das enthalten, wonach man sucht.


Habt ihr jemals von dem Märchen „East of the sun, west of the moon gehört“? Ich selbst bin schon fast beschämt, ein Märchen mit einem so schönen Titel nicht zu können. Und auch die Geschichte darum scheint wunderbar zu sein, denn wenn mir die Nacherzählung schon so gut gefallen hat, wie wird mir dann erst das Original gefallen? Hinter diesem mystischen, wunderschönen Titel verbirgt sich eine Art norwegisches Die Schöne und das Biest, das aber so viel mehr zu bieten hat, als ein schönes Mädchen, dass ein Monster von seinem Fluch befreit.

In East finden wir eine kleine Familie, mit einer abergläubischen Mutter, die in einer Welt, wo der Charakter eines Menschen durch seine Geburtsrichtung beeinflusst wird, in der Sagen und Märchen verwoben mit der Realität in den heiseren flüstern der Bäume leben, wo in einer Welt aus Eis und Schnee, bunte Geschichten dir Wärme geben, wo Windrosen und alte Karten noch deinen Weg bestimmen, Prophezeiung und Magie deinen Weg kreuzen werden, wo magische Kleider und verborgene Schlösser hinter verzauberten Fenstern darauf warten, erkundet zu werden, in dieser Welt leben die 7 Kinder einer armen Bauersfamilie.


Das letzte dieser sieben Kinder ist Rose, ein Mädchen, dass mit der Geburtsrichtung Norden und Wanderschuhen als erstes Geschenk ganz im Gegensatz zu ihren Geschwistern keine leise und brave Seele ist, aber mit dem Nordwind läuft und immer das Bedürfnis verspürt, zu reisen. Die sich von Kompassen leiten lässt und davon träumt, die Welt zu erkunden. Und als ihre Schwester Sara krank wird, ihre Familie ins Unglück fällt, und nur sie ihnen helfen kann, wenn sie sich entscheidet, mit einem geheimnisvollen, sprechenden Bären in den Norden zu gehen, scheint dieser Traum tragische Wirklichkeit zu werden. Denn gegen den Willen ihrer Familie begibt sich Rose auf die Reise mit dem weißen Bären, nicht ahnend, was für eine Reise sie erst noch erwartet…

Die Geschichte spielt im 16. Jahrhundert und wird damit nicht zu einen dieser Märchen, die weit weg von der Realität scheinen, sondern gleichermaßen nah und fern. Wir kennen die Welt im 16. Jahrhundert, mit all ihren alten Sprachen und Bräuchen, den Wäldern und dem ewigen Winter im Norden, den Häfen und Schiffshandel, und natürlich den Aberglaube. Ich fand es wunderbar, wie sehr dieses Märchen mehr wie eine alte Geschichte erschien, die man auf den Dachboden findet, wo man vorsichtig den Staub runterpustet, zögernd die vergilbten Seiten betrachtet, und dann zu lesen beginnt. 


Denn auch der herrlich poetische Schreibstil lullt einen sofort ein, wie eine warme Decke, am Feuer an Weihnachten. Er zaubert sprachliche Bilder, und er haucht dieser Geschichte leben ein. Und das fantastische war, auch, wenn ich im Gegensatz zu vielen anderen Märchen diesem eben nicht als Kind gelauscht habe, so habe ich doch meine Kindheit in diesem Buch wiedergefunden. Narnia, und Weihnachten, die Schneekönigin und die Schöne und das Biest. Ich habe förmlich die Glocken der Rentiere hören können, den eisigen Winterwind fühlen können, habe den Schnee fallen gehört und Eis unter meinen Zehen gespürt. Ich habe gebrannte Äpfel in der Luft gerochen, und eine von innen heraus strahlende Wärme gespürt. 

Und ich habe mich selbst in den Charakteren wiedergefunden. In Rose, die ihre Familie zwar liebt, die aber trotzdem spürt, dass sie in die ferne gehört. Roses Fernweh, ihr Bedürfnis, zu reisen, hat mich einfach so sehr an mich selbst erinnert. Und auch sonst habe ich Rose einfach liebgewonnen. Für ihre Sturheit, ihren unendlichen Glauben an sich selbst, ihr Wille, tausende Kilometer in Eis und Schnee zurückzulegen, und ihre Dickköpfigkeit, ihre Fehler wieder gut zu machen. Ihr Lachen, wenn sie sich selbst eingesteht, dass sie nicht in Ballkleider passt, sondern sich in simplen grauen Kleidern wohler fühlt, ihr Bestreben, unbedingt Flöte spielen zu lernen, und ihr großes Herz, ihrer Familie alles zu verzeihen, und trotzdem nicht naiv zu sein. Rose hat ihre Fehler und Ecken und Kanten, aber genau dadurch schließt der Leser sie so unendlich ins Herz. 


Was die Story angeht, da trennen sich die Geister, denn diese ist ganz besonders, besonders geschrieben, besonders erzählt, und besonders berührend. Aber eine Geschichte, die mit derartig viel Poesie, schönen Beschreibungen und langen Handlungsstränge erzählt wird, braucht auch Zeit. Die Zeiten fliegen eben nicht so dahin, und man muss schon Zeit in diese Geschichte investieren. Aber wer damit leben kann, einem Bauch Zeit und Raum zu geben, der wird nach und nach eine zarte Blüte von einer Geschichte erleben, die sich mehr und mehr entfaltet und am Ende einen mit einer wundervollen Geschichte belohnt, die einen verzaubert und von innen erwärmt zurücklässt.

In East finden wir keinen gehypten Pageturner, sondern eine sehr ruhige und manchmal sogar fast schon langesame Geschichte, die wie eine zarte Blüte im Frühling viel Zeit und Raum braucht, um sich zu entfalten, und wer ihr die Chance gibt, wird am Ende mit einer großen, leuchtenden Blume belohnt, die einen mit Magie und Wärme verzaubert. Denn wir haben hier eine Geschichte, nicht gemacht aus Tinte und Papier, sondern aus fein gewobenen Worten, die wie Schneefall auf die Seiten geglitten sind, aus Satzzeichen aus Eis und Buchstaben aus Nordwinter. Geschwungen aus Magie und Geschrieben mit viel Wärme erschafft die Autorin eine Geschichte, die einen an Abende vor dem Kaminfeuer erinnert, an denen man den heulen des Windes gespannt beim Erzählen seiner Geschichte lauscht. Ein Buch, das ich vollkommen unterschätzt hatte, und das mich doch so überzeugen konnte. Unbedingt lesen, vor allem jetzt in der Weihnachtszeit. Ich vergebe 5 Sterne.



1 Kommentar:

  1. Das Buch steht seit wenigen Wochen auf meiner Wunschliste und ich glaube, ich werde es irgendwann im Winter lesen :) Manchmal sind es die ruhigen Geschichten, die es schaffen, am meisten zu verzaubern.

    LG und ein schönes Wochenende ♥ Nicole

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