Sonntag, 17. Juli 2016

|Rezension| "A Madness so Discreet" von Mindy McGinnis

A Madness so Discreet | Mindy McGinnis | Katherine Tegen Books | Englisch | Hardcover | ca. 15€ | Kaufen?
  
Grace Mae knows madness.

She keeps it locked away, along with her voice, trapped deep inside a brilliant mind that cannot forget horrific family secrets. Those secrets, along with the bulge in her belly, land her in a Boston insane asylum.

When her voice returns in a burst of violence, Grace is banished to the dark cellars, where her mind is discovered by a visiting doctor who dabbles in the new study of criminal psychology. With her keen eyes and sharp memory, Grace will make the perfect assistant at crime scenes. Escaping from Boston to the safety of an ethical Ohio asylum, Grace finds friendship and hope, hints of a life she should have had. But gruesome nights bring Grace and the doctor into the circle of a killer who stalks young women. Grace, continuing to operate under the cloak of madness, must hunt a murderer while she confronts the demons in her own past.

 
Eigentlich hatte ich vor, etwas zu nehmen, was noch gruseliger ist, aber dieses Lied ist wirklich die ideale Mischung aus creepy und beruhigend, irgendwie paradox, aber irgendwie passend.

 
Ich liebe es, überrascht zu werden, natürlich positiv. Ich liebe es, zu entdecken, dass ich eine Person falsch bewertet habe, in dem Sinne, dass sie in Wirklichkeit viel freundlicher, witziger oder ehrlicher ist, als ich dachte. Liebe es zu entdecken, dass, wenn ich schon aufgeben wollte, ich auf einmal doch noch eine Lösung finden kann. Positive Überraschungen machen das Leben so besonders, und aufregend. Auch bei Büchern liebe ich es, wenn ich überrascht werde. Wenn ich glaubte, dass Buch würde mir nicht gefallen, weil ich schon so viel Schlechtes darüber gehört hatte, es mich dann aber doch überzeugen konnte. Wenn eine Reihe schlecht anfing, aber dann grandiose Folgebände haben, die mich in ihren Bann ziehen. Oder Protagonisten sich ganz wunderbar entwickeln, sodass man sie am Ende mag. Aber auch die kleinen Überraschungen sind etwas ganz besonderes, gute Plottwist, Bücher, die in eine ganz andere Richtung gehen, über die Klappentextangaben hinaus. Das liebe ich. Und genau so ein Buch habe ich vor kurzem in einem Rutsch durchgelesen: A Madness So Discreet, by Mindy McGinnis.


In dem Buch geht es um die junge Grace Mae, die sich in einem Asylum für Verrückte in Boston wiederfindet. Sie spricht nicht mehr, ihr Alltag ist gekennzeichnet durch Schikane durch die Angestellten, furchtbaren Strafen oder Menschen, die in den tiefsten Abgründen ihrer Seele leben.
Mehr möchte ich gar nicht zum Inhalt sagen, denn alles, was ich zu Beginn des Buches wusste, war, dass es in einer Psychiatrie im 19 Jahrhundert spielt. Und das war gut so, denn auf diese Weise konnte das Buch in wirklich jedem Aspekt überraschen.


Die Geschichte beginnt in einem Asylum in Boston, eine Tatsache, die uns gleich eines der Hauptthemen des Buches aufzeigt: Das Buch behandelt das Thema Psychiatrien, psychische Krankheiten, tiefste Seelenabgründe, Verrücktsein und „Normal“ sein,  und was das eigentlich bedeutet. Und gleich hier kann ich dem Buch nur applaudieren. Ich fand es einfach grandios, wie McGinnis es geschafft hat, schon nach wenigen Seiten eine grausige Atmosphäre zu schaffen, uns an einen Ort mitzunehmen, an den Dunkelheit und Angst und Unmenschlichkeit herrschen. Sie zeichnet ein erschreckend realistisches Bild einer Anstalt für Psychisch kranke im 19 Jahrhundert, dass es einem den Rücken runterschauert. Sie zeigt die Ungerechtigkeit, mit der Menschen dorthin gebracht worden sind, sei es, weil sie untreu waren, oder einfach besonders aufmerksam, haben sie nicht in die Gesellschaft gepasst, war es dieser grausame Ort, der ihr Neues zu Hause wurde. Ein Zuhause, in dem sie nun zusammen mit Menschen lebten, die wirklich Hilfe brauchten, weil sie glaubten, Spinnen liefen statt Blut durch ihre Venen oder Körperteile anderer Menschen aßen. Der Alltag im Asylum wurde sehr erschreckend und grausam porträtiert, aber genau in der Manie, in der er wahrscheinlich wirklich stattfand. Und das schockt den Leser bis tief ins Knochenmark, wie so unmenschliche Dinge geschehen können.


Ein anderes Thema, was ich in diesem Zuge sehr gut behandelt fand, war das Thema, was es bedeutet, verrückt oder normal zu sein. Ab wann ist man nicht mehr zurechnungsfähig? Sind wir nicht alle irgendwo verrückt, nur manche können es besser verstecken als andere? Wer hat überhaupt festgelegt, was normal ist, und wer sagt, dass in der Normalität nicht auch eine gewisse Verrücktheit steckt? Was irgendwie stereotyp klingt, wenn ich es so aufschreibe, stößt in Wirklichkeit zu vielen interessanten Diskussionen an, denn McGinnis scheut in diesem Buch nicht davor, mit dem menschlichen Verstand zu spielen, seine Abgründe zu zeigen und Ausrichtungen. Wir lernen so viele Personen kennen, die einfach anders sind, aber deswegen nicht immer schlecht oder nicht zurechnungsfähig. Menschen, die die Welt mit anderen Augen sehen, oder einfach ein grausames Schicksal erleiden mussten, Menschen, die Faszinationen haben, und Menschen, die einfach nicht in die Gesellschaft passen. Aber wir haben auch Menschen, die schwarz wie die Nacht sind, und in ihren eigenen dunklen Abgründen schlummern. Doch was macht den einen Menschen jetzt „insane“ oder „sane“? Ich fand die vielen Diskussion zu diesem Thema unheimlich faszinierend, genauso wie die Tatsache, dass immer mehrere Perspektiven Anklang fanden, sodass der Leser zum eigenen nachdenken motiviert wurde, und erkennen musste, dass unsere Welt mehr Grautöne hat als Christian Greys Krawatten. Aber genau das war so genial an diesem Buch.


Ein weiterer Pluspunkt war die Story, die völlig frei von einer Liebesgeschichte sich in ganz wunderbare Richtungen entwickeln konnte, und vor allem die Komponente Freundschaft aufgegriffen hat. Wir hatten so viele wunderbare Freundschaften in diesem Buch, das ich weinen wollte, weil ich genau das in so vielen Jugendbüchern vermisse. Das einzigartige Band der Freundschaft, dass dich zusammenschweißt, dass dich gemeinsam durch die Hölle und zurück gehen lässt, aber das dich auch in tiefster Trauer zum Lachen bringt, dein Licht in der Dunkelheit ist und dich einfach versteht, dass dir verzeiht, und für dich Eintritt. Diese Freundschaften und insgesamt die Zwischenmenschlichen Beziehungen waren grandios ausgearbeitet.


Dies lag vor allem an den wirklich gut ausgearbeiteten Charakteren. Gleich unsere Hauptcharakterin Grace macht eine wahnsinnige Entwicklung im Buch durch, besitzt Flecken und Makel, Ecken und Kanten, trifft manchmal falsche Entscheidungen, weint und steht manchmal kurz vor dem Verrückt werden, macht nicht immer moralisch richtige Dinge, aber durch all das erscheint sie menschlich. Grace ist ein dickköpfiger, impulsiver, manchmal gebrochener, aber vor allem handeln wollender Charakter,  der so authentisch wirkt, dass sie einem unglaublich ans Herz wächst. Es war schön, immer wieder mehr von ihr zu lernen, sie immer besser kennenzulernen, und sie auf ihren unglaublich schweren Weg zu begleiten. 


Was mir aber vor allem sehr gut gefallen hat, sind die Nebencharaktere. Mein Gott, sie sind mir so ans Herz gewachsen, all unsere verrückten, zwiespältigen, seltsamen Charaktere, die mit so viel Liebe zum Detail mit all ihren Stärken und Schwächen und Krankheiten einfach einzigartig waren. Sei es Nell, eine an Syphilis erkrankte Irin, die kein Blatt vor den Mund nimmt, gerne ein bisschen stichelt, aber ein riesiges Herz hat und von innen leuchtet, oder Lizzie, die mit ihrem imaginären Etwas String kommuniziert, und dadurch unglaublich viel mitbekommt, jedes Detail, und trotzdem ganz viel Feingefühl besitzt. Janey, eine Krankenschwester, die beweist, dass Menschen immer wie Menschen behandelt werden sollten, und nicht wie Dinge, die nicht mehr zu reparieren sind. Oder Thronhollow, einen besessenen Arzt, der es liebt Sherlock zu spielen, Mordfälle zum Hobby löst, und fasziniert von dem menschlichen Verstand ist.


Durch diese Bandbreite an authentischen, etwas verrückten, aber grandiosen Charakteren bekommt auch unsere Story eine unglaubliche Vielfältigkeit, thematisiert unglaublich viele wichtige Themen, und zeichnet so ein brillantes Bild von einem Amerika des 19 Jahrhunderts, und vor allem der Medizin in dieser Zeit. Aber auch Moral spielt immer wieder eine große Rolle, Moral und Menschlichkeit, zwei Themen, die sehr viele Diskussionen im Buch anregen. Was ich aber am besten fand: Dass die Story immer wieder in eine andere Richtung schlug, bevor wir einen wirklich roten Faden hatten, der uns bis zum Ende begleitet hat, und auf dem wir immer wieder viele Plottwists fanden, die ich nicht vorausgesehen habe. Besonders das Ende hat mich nochmal aus den Socken gehauen, und mich schockiert zurückgelassen. 


Dieses Buch ist ein Standalone, und daher war das Ende eigentlich recht abgeschlossen, aber nichtsdestotrotz bleibt genug Platz für eigene Spekulationen und eventuelle Novellen, die ich sehr sehr gerne hätte!

Insgesamt finde ich es schwer, A Madness So Discreet in einer Rezension zusammenzufassen, hatte ich doch so viele Eindrücke und Impressionen davon bekommen. Es ist ein historischer Roman, der ein düsteres, aber leider ziemlich realistisches Bild vom Amerika des 19. Jahrhunderts zeichnet, und besonders das Thema Psyche erschreckend realistisch porträtiert. Es ist ein Detektivroman, in dem wir einen neuen Sherlock, der eigentlich ein von der Psyche faszinierter Arzt ist, auf der Suche nach Mördern folgen. Es ist ein Roman über Freundschaft und Menschlichkeit, über das Band zwischen zwei Menschen, dass nicht immer Insta Love heißen muss, über Menschen, die dir in dunkler Nacht Licht spenden, mit denen du auf allen Wegen laufen kannst, und die dich so lieben, wie du bist. Aber vor allem ist es ein unglaublich vielseitiger Roman mit einem Haufen grandioser Charaktere, die mir ans Herz gewachsen sind. Ein Roman, der mich zum nachdenken gebracht hat, der unglaublich viele Interessante Gedanken und Diskussionen bietet, der einen schockt, zum Lachen und zum Weinen bringt. Insgesamt ein klasse Roman, der sicher nicht für jeden was ist, aber für alle, die an sehr seltsamen Büchern Freude finden, ein Buch, dass ich ihnen ans Herz legen würde. Ich vergebe 5 Sterne.
 

 

1 Kommentar:

  1. Oh, wow. Das klingt ja toll! Das Buch hat mich irgendwie noch nie angesprochen, aber ich habe mich auch noch nie damit beschäftigt, worum es geht.
    Jetzt bin ich total gespannt :o
    Das Buch kommt definitiv auf die Wunschliste!

    Liebe Grüße ♥
    Aileen

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