Mittwoch, 2. September 2015

|Rezension| "Handle with Care" von Jodi Picoult

Handle with Care | Jodi Picoult | Hodder & Stoughton | Englisch | Paperback | ca. 10€ | Kaufen?

Charlotte's daughter Willow was born with a severe form of brittle bone disease. One stumble could force her to spend months in a body cast. Willow's condition is expensive, and her family face financial ruin. Then Charlotte is offered a lifeline. She could sue her doctor for 'wrongful birth'. But her doctor is her best friend.

 
Hach, das Lied ist echt großartig! 


Jodi Picoult ist eine dieser Autoren, bei denen man sofort eine Idee hat, wenn man den Namen hört, selbst wenn man selbst noch nicht in den Genuss gekommen ist, eines ihrer Bücher zu lesen. Für den einen ist dieser Name verbunden mit traurigen Büchern, für die anderen unnahbaren Bücher, für wieder andere einfach ein Name, der manchmal am Ende eines traurigen Filmes steht und den man sich versucht zu merken. Für mich ist Picoult ein Name der für ein Buch steht, das unglaubliche gute Recherche, viele ernste, schwierige Themen, tiefgründige ethische Konflikte und meistens eine sehr starke, kontrahierende Mutterrolle beinhaltet. Mit diesen Erwartungen bin ich an Handle with Care rangegangen, schließlich konnte mich My Sister’s Keeper und Nineteen Minutes so begeistern. Und obwohl diese Erwartungen unglaublich hoch sind, so wurde ich nicht enttäuscht.


Ich glaube, Handle with Care ist soweit mein Lieblingsbuch von Jodi Picoult. Ein Buch über ein Mädchen, geboren mit OI (osteogensis imperfecta), eine Mutter, die ihr Kinder über alles liebt, eine Ehe, die an der Liebe zu ihren kranken Kind zerbricht, eine Schwester, die im Schatten ihrer Schwester langsam eingeht und eine Freundschaft, die nicht länger bestehen kann. Und mittendrin der große ethische Konflikt: Wann ist ein Leben lebenswert, rettet man sein Kind, indem man behauptet, es sei besser nie geboren worden?

Die Inhaltsangabe tönt vielversprechend, aber auch sehr tragisch, komplex und für den einen oder anderen zu emotional oder abstrakt. Es ist wirklich so, dass Jodi Picoults Romane keine Literatur für zwischendurch ist, keine Literatur, die dich zum Lachen bringen wird, dir Sommergefühle sprießen lässt oder dir den Tag erhellt, sondern es wird Kapitel geben, in denen du weinend über den Buch sitzt, und Kapitel in denen du fassungslos innehältst und dich fragst: Wie würde ich handeln?


Wer also genau auf der Suche nach so einem Buch ist, wird in diesem Buch ein kleines, stilles Highlight finden. Das Buch basiert ist erster Hand auf Problemen, vielen verschiedenen Problemen, die alle zusammenhängen, und irgendwo doch auf das gleich hinauslaufen. In diesem Buch stehen vordergründige die Problematik rund um das Thema Familie, Scheidung, Freundschaft, Liebe, Ehe, Adoption,  ebenfalls sehr sensible und dramatische Themen wie Anorexia (vor allem Bulimie) und Ritzen werden angesprochen, wie in den meisten von Picoults Romanen, allerdings finden wir auch wieder einen großen Anteil an Krankheitsthematik, vor allem über Gynäkologie, OI, Brüche, aber vor allem finden wir ethische Fragen, auf die es einfach nicht diese eine, Eindeutige Antwort gibt: Was macht dich zu einem guten Menschen, einem guten Elternteil? Was macht das Leben lebenswert? Wann ist es besser, man wäre gar nicht geboren worden? Was ist das Richtige, was zu tun ist?

Leicht könnte man denken, dass es bei so einer Menge an Problemen schnell passieren kann, dass das Buch zu klischeehaft wird, bestimmte Probleme nicht genau genug und kritisch genug beleuchtet werden und man kein reales, sondern wieder nur ein übertriebenes Krankheitsbild/Problembild findet. Hier kann ich sagen sieht man, dass Picoult grandiose Recherche betrieben hat. Man merkt, das hier nicht nur Internet und Buchrecherche betrieben wurde, sondern die Distanz bewusst überwunden wurde. Picoult hat betroffene Familie besucht, mit Ärzten und Anwälten geredet, mit Familie, Kindern, Geschwistern, Betroffenen und Menschen aus ihrem Umfeld. Ganz bewusst werden diese Erfahrungen in das Buch eingewebt, und das Ganze wird unglaublich authentisch und greifbar. Man redet nicht mehr über irgendeine Familie, sondern das Schicksal der O’Keefes, Marins Schicksal und das Schicksal all dieser Personen in diesem Buch wirkt unglaublich echt, berührend, und ungeschliffen. Es ist so greifbar wie das reale Leben. Denn manchmal sind die traurigsten, erstaunlichsten und berührensten Geschichten nicht Fiktion, sondern Realität.
Auch Picoults Charaktere könnten aus dem Leben gegriffen in das Buch transportiert worden sein. Charaktere voller Schattierungen, kein schwarzweiß, sondern tausend verschiedene Grautöne. Ihre Charaktere wirken lebensnahe, authentisch und lassen sich auf keinen Fall in Schubladen stecken. Wir haben die kleine Willow, die an OI leidet, und trotzdem Lebensfreude pur ist, die Trivialwissen liebt und unbedingt Schlittschuhlaufen möchte, ihre Mutter Charlotte, ein Charakter, über den sich jeder seine eigene Meinung bilden muss, Sean, Amelia, Piper, Marin….so viele Charaktere, die einfach lebensnahe und echt wirken, so, als wären es genau diese Personen, die man auf der Straße treffen könnte. 

Ein weiterer Pluspunkt: In dem Buch gibt es super leckere Rezepte, die in die Story eingewoben sind und die dazu einladen, selbst ein Teil der Story zu werden und mitzubacken.
Mein einziger Kritikpunkt wäre das Ende des Buches. Wirklich, ich muss zugeben, dass ich Picoult Intention mit diesem Ende nicht so ganz nachvollziehen kann. Das Ende ist gut geschrieben, und ich denke ich kann mir vorstellen, was sie uns damit sagen möchte, aber ich persönlich hätte ein anderes Ende gewählt. Aber das ist meine Meinung und ich weiß viele Leute finden das Ende passend, ich persönlich kann dies aber leider nicht sagen.


„Handle with Care“ ist ein Buch, auf das man sich mit viel Vorsicht einlassen muss. Wenn man mit sehr tragischen Schicksalen und komplizierten Konflikten umgehen kann, und es schafft, in dieses Buch einzutauchen, dann wird man wahrlich mit einer wundervollen Geschichte belohnt. Zusammengewoben durch einen berührenden, wundervollen und sensiblen Schreibstil haben wir ein Meisterwerk von einem Buch, das mit leisen Tönen und viel Herz von tragischen Familienschicksalen erzählt, von vielen verschiedenen Problem und komplexen, ethischen Konflikten. Aber wir haben auch ein Buch, das von starken Charakteren erzählt, von lebensnahen und authentischen Personen und Schicksalen, genau und lebensnahe recherchiert, medizinisch und rechtlich korrekt, und das insgesamt einfach nur ein tiefberührendes Buch bildet, welches zum nachdenken und eigenen reflektieren einlädt. Ich vergebe 5 Sterne.


1 Kommentar:

  1. Huhu liebe Kücki ♥
    Das Buch klingt wirklich zauberhaft und wäre es, dank deiner Empfehlung, nicht schon längst auf meiner Wunschliste dann würde es spätestens jetzt draufstehen. Die beiden Zitate sind auch super schön und machen mich noch mehr neugierig. (:
    Alles Liebe,
    Jasi ♥

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