Donnerstag, 10. August 2017

|Rezension| "No.9677 oder wie mein Vater and fünf Kinder von sechs Frauen kam" von Natasha Friend

No. 9677 oder wie mein Vater an fünf Kinder von sechs Frauen kam | Natasha Friend | Magellan Verlag | Deutsch | Hardcover | ca. 17€ | Kaufen? 
  
Wer braucht schon einen Vater? Sie sicher nicht, davon ist Hollis fest überzeugt – bis ihr Halbbruder Milo in ihr Leben tritt. Denn er will ihren gemeinsamen Vater finden und braucht Hollis’ Hilfe. Aber warum sollte sie bei so einer Schnapsidee mitmachen? Immerhin kennt sie Milo kaum, mal ganz zu schweigen von dem „Vater“, der sie in einem Reagenzglas gezeugt hat. Einem Mann, dessen Namen sie nicht einmal weiß. Und das ist auch verdammt gut so.
Richtig abgefahren aber wird es, als Milo herausfindet, dass sie nicht die einzigen Kinder von Samenspender No. 9677 sind. Widerwillig lässt sich Hollis auf die Spurensuche ein – und stellt fest: Familie ist das, was man daraus macht.

 
Ein fluffiges, aktuelles Lied welches wirklich gut zum Buch gepasst hat! :D

 
Manchmal gibt es Bücher, die einen nicht unbedingt durch ihre Inhaltsangabe oder ihre Aufmachung ansprechen, sondern einfach durch ihr verrücktes Cover oder einen seltsame Titel deine Aufmerksamkeit einfangen können So reizte mich eine Geschichte, in welcher ein paar Jugendliche ihren leiblichen Vater suchen, welcher ihren Familien als Samenspender ausgeholfen hat, eigentlich gar nicht so sehr, aber der herrlich komische Titel, dazu noch das wunderbar biologische Cover, wirklich ich finde die DNA Helixe seltsamerweise total ästhetisch xD, konnten mich einfach nicht kalt lassen, als die liebe Cara sie mir und Mareike vorstellte. Kurzerhand wurde das Buch angefragt, gelesen…und was soll ich sagen: Auch, wenn es definitiv kein perfektes Buch ist, hat es seinem Titel alle Ehre gemacht.


In dem Buch geht es um die 5 Halbgeschwister Hollis, Milo, Abby, Noah und Josh, wobei Hollis und Milo im Vordergrund stehen und unsere Erzähler sind. Sie alle wurden mit den gespendeten Samenzellen von No. 9677 gezeugt und wollen sich nun auf die Suche nach der Person hinter dieser Nummer begeben. Dabei lernen sie aber noch viel mehr über sich selbst kennen…

 
Das Buch ist ein typisches Feelgoodbuch, welches man Lesen kann und welches einem einfach Freude bereitet. Die Autorin schreibt mit einem ganz wunderbaren, leicht ironischem Humor und bringt so den Leser durchgehend zum Lachen. Vor allem spritzige Dialoge und clevere Wortwitze lockern das gesamte Konstrukt auf, welches nämlich trotz seiner locker-leichten Erzählweise durchaus ernste Themen anspricht.


Dies fängt damit an, dass sowohl Hollis als auch Milo, welche unsere beiden Protagonisten sind, beide zwei Mütter haben und somit mit allen Schwierigkeiten konfrontiert werden, die unsere Gesellschaft Familien, die nicht unserem heteronormativen Bild entsprechen, aussetzen. Ohne zum Moralapostel zu werden oder die Stimmung kippen zu lassen spricht das Buch ganz direkt diese Probleme an und überlässt es dem Leser, selbst zu urteilen und sich dem Ausmaß dieser bewusst zu werden. So darf zum Beispiel Hollis‘ Mutter ihre Lebenspartnerin nicht heiraten, was dazu führt, dass sie ebendiese auch nicht besuchen darf, als diese im Krankenhaus liegt. Oder Hollis erfährt bereits in der Grundschule, dass es noch viel zu viele Menschen gibt, die Homosexualität und andere nicht heteronormative Lebensstile als „schändlich“ ansehen. Selbst ich, die ich glaubte, viel über die Schwierigkeiten der LGBTQIA+ Community Bescheid zu wissen, wenn auch nur auf theoretischer Basis, habe hier noch das eine oder andere gelernt und verdeutlicht bekommen, was für einen langen Weg wir noch zu gehen haben, um im Bereich LGBTQIA+ soziale Gerechtigkeit zu erreichen.
Ein weiterer ernsterer Aspekt des Buches beschäftigt sich mit Trauerbewältigung und Schuldgefühlen, da einer unserer Protagonisten durch den Tod einer seiner Mütter sehr stark beeinflusst wurde. Sowieso geht es in dieser Geschichte auch viel darum, herauszufinden, wer man ist und sein möchte. Auch Themen wie erste sexuelle Erfahrungen und Liebesbeziehungen, Drogen und Selbstbild spielten hier eine Rolle, wobei das Thema Liebe angenehm in den Hintergrund rutschte und viele andere Themen, die gerade für Jugendlich im Alter unserer Protagonisten, welche sich gerade in der ersten Phase der Pubertät befinden, wichtig sind. Der Fokus wird hier darauf gelegt, dem Leser zu zeigen, was Identität ist und was diese ausmacht, und das es im Endeffekt nicht dein Erbgut oder dein Aussehen oder deine Sexualität ist, die dich definiert, sondern dass du aus so vielen tausend Puzzleteilen bestehst, die alle gemeinsam ein einzigartiges, wunderschönes Bild ergeben.


Kleine Kritikpunkte möchte ich bei den Charakteren äußern. Ich habe unsere Nebencharaktere Abby und Noah unglaublich ins Herz geschlossen, ebenso wie die Mütter von Hollis und Milo, hätte mir aber bei ihnen allen etwas mehr Tiefe gewünscht. Hollis fand ich leider durchgehend etwas nervig, ich mochte ihren Humor und ihre Art und Weise, wie sie voller Selbstbewusstsein durchs Leben ging und sich von niemanden etwas sagen ließ. Aber manchmal mal ging mir ihre „Komm mir nicht zu Nahe Einstellung“ etwas auf den Keks, erst gegen Ende wurde ich richtig warm mit ihr. Auch Milo hat manchmal wirklich genervt, er blieb mir bis zum Ende irgendwie zu distanziert und seinem Charakter fehlte irgendwie das Gewisse etwas, was ihn besonders gemacht hätte. 


Aber, auch wenn ich die Charaktere einzelnd eher weniger mochte, fand ich sie dafür als Gruppe umso besser. Die Gruppendynamik zwischen den vier Geschwistern war einfach klasse und ich habe es so gemocht, wie sich das Verhältnis der vier über das Buch hinweg entwickelt hat. Gerade, wenn man selbst Geschwister hat, wird einem ganz warm ums Herz, wie diese vier Jugendlichen langsam aber sicher zu einer Familie werden und erkennen, dass manchmal der Weg das Ziel ist. 

 
Sowieso liebe ich, wie bei diesem Buch so gekonnt der Schritt geschafft wurde, eine kleine Liebesgeschichte einzubauen, aber trotzdem nie den Fokus von der Familie zu nehmen. Denn ich glaube, gerade in den Anfangszeiten der Pubertät ist die Familie das erste Milieu, in dem man seine Identität sucht. Trotzdem war die Liebe als Thema wunderbar in den Plot eingewoben und altersgemäß behandelt. Es war einfach wirklich zuckersüß geschrieben und hat einen wirklich das Herz erwärmt.

 
Das Ende des Buches fand ich leider ziemlich hektisch und zu plötzlich, ich glaube, der Geschichte an sich hätten ein paar Seiten mehr nicht geschadet. Das Buch war nämlich ziemlich abrupt zueende und auch, wenn einige Unbeantwortete Fragen defintiv die Botschaft des Buches gestützt haben, so wirkte es teilweise einfach so, als hätte die Autorin keine Lust mehr gehabt, sich noch mehr auszudenken. Die Botschaft war wie gesagt aber trotzdem gelungen rübergebracht.


No. 9677 oder wie mein Vater fünf Kinder von sechs Frauen bekam ist nicht nur ein erfrischend anderer, orgineller und herrlich seltsamer Titel, sondern hinter ihm versteckt sich eine mindestens genauso orginelle, frische und wunderbare Geschichte über vier Geschwister auf der Suche nach ihrem Vater. Viel mehr aber erzählt dieses Buch von vier Jugendlichen, die auf der Such nach ihrem Vater zwischen Familie, beginnende Pubertät, erste Erfahrungen in der Liebe, Austesten von Grenzen und Frage nach der eigenen Identität am Ende zu sich selbst finden. Kleine Kritikpunkte für blasse und teils etwas schwierige Charaktere, dafür ein großes Plus für den großen Familienaspekt, ganz viel Wärme und einer großen Portion Awareness für dieLGBTQIA+ Community. Ein schönes, bisschen schrulliges Jugendbuch, das ich jedem empfehlen kann, der diesen Sommer nach einem warmherzigen, locker-leichten Buch über Freundschaft, Familie und Erwachsenwerden sucht. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

 

*Vielen Dank an den Magellan Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares

1 Kommentar:

  1. Das klingt nach einem orginellen Buch und ausnahmsweise mal nicht nach einer ausgelutschten Liebesgeschichte. Ich glaube, du hast mich mehr als neugierig gemacht...

    Tolle Rezension, sie ist seehr einnehmend :D *buchbestell*

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